Hass mit Liebe begegnen? – Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich!

Rasse, Hautfarbe, Religion – drei von jeher existierende Hauptfaktoren von Diskriminierung, die vor allem bis heute die Weltgeschichte prägen. Sei es die Rassendiskriminierung von Afroamerikaner in den USA, die Judenverfolgung in Deutschland oder die aktuell sozial-gesellschaftlich prägenden Debatten um die Flüchtlings- und Migrationspolitik und die folglich zunehmende religiöse Intoleranz. All diese Ausgrenzungen, haben eins gemeinsam: Sie sind geprägt von Hass, der es überhaupt erst ermöglicht solche Konflikte auszulösen und Unfrieden zu stiften – mit verheerenden Folgen. 

Hass liegt in der Natur vieler Menschen. Tagtäglich spüre ich hasserfüllte, feindselige Blicke und Worte. Ein Gefühl des Fremdseins schleicht durch meinen Körper. Dabei gehen mir immer wieder dieselben Fragen durch den Kopf: Wie schafft ihr es, so sehr zu hassen? Woher tankt ihr diese Energie und Kraft, um eurem Gegenüber so viel Hass entgegenzubringen? Wofür habe ich so viel Hass und Abneigung verdient? Was unterscheidet mich von euch? Bin ich nicht ein Mensch genauso wie ihr? Sind wir nicht alle Menschen, Geschöpfe Gottes?

Im Heiligen Qur`an heißt es an zwei Stellen:

„O ihr Menschen, Wir haben euch von Mann und Weib erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, dass ihr einander kennen möchtet. Wahrlich, der Angesehenste von euch ist vor Allah der, der unter euch der Gerechteste ist. Siehe, Allah ist allwissend, allkundig.“ (49:14)

„Und zu Seinen Zeichen ist die Schöpfung der Himmel und der Erde und die Verschiedenheit eurer Sprachen und Farben. Hierin sind wahrlich Zeichen für die Wissenden.“ (30:23) 

Aus den beiden Versen geht hervor, dass die Verschiedenheit unter Menschen und somit pluralistische Gesellschaften als ein Zeichen Gottes betrachtet werden. Welches Recht besitzen wir dann, jemanden als „gut“ oder „böse“ zu kategorisieren, wenn wir doch alle für unseren Schöpfer gleich sind?

Doch wie ist es möglich, den Hass mit Liebe zu begegnen? Auf den ersten Blick mag es unwahrscheinlich erscheinen, aber es ist keinesfalls unmöglich. Der Bürgerrechtler Martin Luther King sagte einst: 

„Dunkelheit kann Dunkelheit nicht vertreiben. Nur Licht kann das. Hass kann Hass nicht vertreiben, nur Liebe kann das.“ 

Liebe ist wie ein Funken Licht, welches die dunklen, hasserfüllten Herzen mit Liebe erleuchtet. Mit geschlossenen Lidern gehen wir Menschen durch das Leben, vergeblich auf der Suche nach Licht. Doch vergessen wir, dass das Licht bereits in uns ist, in unserem Herzen, bereit jederzeit entfacht zu werden. Um dieser unendlichen Dunkelheit ein Ende zu setzen, müssen wir nur unsere Augenlieder öffnen, um die Dunkelheit um uns herum mit dem in uns bereits vorhandenem Licht zu erhellen. Auf diese Weise finden wir sowohl einen äußeren, als auch einen inneren Frieden mit uns selbst. 

„Niemand von euch ist ein wahrer Gläubiger, solange er nicht das für andere wünscht, was er für sich selbst wünscht.“  

Welch eine schöne Lehre ist es, welche der Gründer des Islam, der Heilige Prophet Muhammad (Friede und Segnungen seien mit ihm), bezüglich der Nächstenliebe weitergab! Genauso erinnert Seine Heiligkeit, Kalif und Oberhaupt der weltweiten Ahmadiyya Muslim Jamaat, Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (möge Allah sein Helfer sein), stets daran, das Herz jeder einzelnen Person einzig mit der Liebe zu gewinnen: 

„Wir müssen die höchstmöglichen Standards des Mitgefühls für die ganze Menschheit entwickeln. Die Liebe zu jedem Menschen sollte aus unserem Herzen, wie Wasser aus einem Brunnen, sprudeln. Wir müssen diejenigen pflegen, die Schmerzen haben oder deren Herzen vor Kummer schmerzen. Nur dann können wir als wahre Vertreter des Islam angesehen werden.“ 

Als gläubige Muslima, ist es meine Aufgabe, die Herzen meiner Mitmenschen zu gewinnen, was ausschließlich mit Liebe und Mitgefühl geschieht. Um dieser Lehre gerecht zu werden, muss ich den ersten Schritt gehen und ihnen meine Hand reichen. Nur so kann die wahre Kraft der Liebe erkannt werden, die es ermöglicht den Weltfrieden zu etablieren.  

Leider sind viele Menschen überzeugt davon, dass Hass eine Art der Stärke beweist und Liebe den Menschen schwächt. Ganz im Gegenteil, der Hass spiegelt nur das Ego, den Stolz und den Hochmut wider. Hass ist eine der Schwachstellen, die den inneren Frieden berauben. Liebe hingegen beweist Stärke und Mut – den Mut sein Herz der Welt gegenüber zu öffnen – und verleiht einen unendlichen Seelenfrieden. 

Liebe stärkt nicht nur das Zusammengehörigkeitsgefühl, sondern sät vor allem den Samen für eine friedfertige Gesellschaft, wonach die Welt gegenwärtig am meisten dürstet. Lasst uns Brücken bauen von Mensch zu Mensch, lasst uns aneinander verstehen, mitfühlen und den anderen wertschätzen, lasst uns unsere Mitmenschen mit bedingungsloser Liebe begegnen, ihren Hass mit einem Lächeln erwidern und ihre Namen stets voller Liebe in unseren Gebeten vor Gott erklingen lassen. Lasst uns die Botschaft des Friedens einzig und allein mit der Liebe verbreiten. 

Mögen unsere Herzen stets den Leitsatz in sich tragen: „Liebe für alle, Hass für keinen!“

Quellen: 

https://greenlightrights.com/de/ikone/martin-luther-king-jr/

https://ahmadiyya.de/bibliothek/art/ausgewaehlte-hadith/

 Abschlussrede der 123. Jalsa Salana Qadian 2017


Veröffentlicht in: Islam