Kopftuchverbot – ein falsches Ziel

Nach dem Beschluss in Österreich, für ein sogenanntes Kopftuchverbot an Grundschulen, ist für diese Debatte auch in Deutschland kein Ende in Sicht. „Das Tragen des Kopftuchs macht aus den kleinen Kindern schon erkennbar Außenseiter, etwa auf dem Spielplatz oder auf dem Schulhof. Dies wollen wir in jedem Falle verhindern“, so die CDU in ihrem Verbotsantrag. Auf ihrem Parteitag, will die Union erneut das Thema Kopftuchverbot an Schulen und Kitas thematisieren.

Im Art. 6 Abs. 2 GG finden wir hierzu passend:

Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“

Ein Kopftuchverbot ist somit verfassungswidrig, denn dem Staat steht es nicht zu, sich in die kulturellen und religiösen Erziehungsangelegenheiten der Eltern, mit Verboten einzuschalten.
Es ist ein fundamentales Grundrecht der Eltern zu entscheiden, welche Werte sie ihren Kindern vermitteln wollen.

Kinder neigen oft dazu, ihre Eltern und Verwandten zu imitieren. Dies kann auch als Bestätigung für die gute Bindung zu den Eltern angesehen werden. Wenn Mütter also das Kopftuch tragen, so wollen es meist auch ihre Töchter, da sie es als etwas schönes und erstrebenswertes wahrnehmen.

Seine Heiligkeit, Kalif und Oberhaupt der weltweiten Ahmadiyya Muslim Jamaat, Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (Möge Allah sein Helfer sein)

„Wenn ein junges muslimisches Mädchen im Grundschulalter ein Kopftuch freiwillig und aus eigenem Wunsch heraus trägt, nachdem es gesehen hat, dass ihre Mutter eines trägt, dann ist das ein persönliches Anliegen und es ist nichts falsch daran. Wenn ein Mädchen von ihrer Mutter inspiriert wird, dann ist das etwas positives. Junge Kinder imitieren oft ihre Eltern, was ein natürliches Teil des Erwachsenwerdens darstellt.“  

Nicht das Kopftuch führt zur Ausgrenzung, sondern vor allem mit dem Verbotsantrag beginnt die Ausgrenzung und Diskriminierung der muslimischen Schülerinnen. Wenn Schüler dem aktuellen Modetrend nicht folgen, werden sie ebenfalls Opfer der Ausgrenzung. Sollte man Markenprodukte oder Mode dann auch verbieten?
Wenn man also das Kopftuch von vornherein in den Schulen zensiert, so wirkt sich dies auch auf die Kinder und ihr Entscheidungsvermögen aus. Es wird abgestempelt und in die Schublade „nicht gut“ oder „schwierig“ verlegt und somit bringt man diese Mädchen in ein Identitätsdilemma.
Ein Verbot führt auch zu Misstrauen und Ängsten in der Beziehung zwischen Eltern und Lehrkräften.

Seine Heiligkeit führte hierzu weiter aus:

„Keine Schule sollte Maßnahmen ergreifen, die dazu führen könnten, dass sich ein muslimisches Kind so fühlt, als ob etwas mit seiner Religion oder Kultur nicht stimmt.“

Wenn wir die Religionsfreiheit in Deutschland genießen dürfen und andere religiöse Symbole wie den Turban oder die Kippa etc. tolerieren, so sollte diese Toleranz und Akzeptanz gegenüber allen Religionen aufgewiesen werden. Stattdessen geht es aber immer um das Kopftuch der Muslima. 
Fraglich ist hier für mich also die Neutralität des Staates, zu der er sich verpflichtet hat.

Zu erwähnen wäre, dass kopftuchtragende Grundschülerinnen ein Randphänomen darstellen, zu welchem keine konkreten Zahlen vorliegen. Statt Erhebungen gibt es nur Mutmaßungen. Jedoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass fast 90% der SchülerInnen gegen ein Kopftuchverbot sind.

In der heutigen Zeit, wo es so viele negative Massenphänomene gibt, sollte man tatsächlich  einiges verbieten, wie z. B. frauenverachtende Castingshows, Zeitschriften, geschlechterspezifische Spielzeuge uvm. Stattdessen zielt man auf marginalisierte Minderheiten ab. Das Gefühl, nicht Teil dieser Gesellschaft zu sein, wird immer stärker und der Eindruck des doppelten Maßstabes entsteht. Nicht die Freiheit fördert man damit, sondern raubt sie mit Verboten.

Theologisch betrachtet, schreibt der Islam das Tragen des Kopftuchs für Kinder nicht vor der Pubertät vor. Um dies zu verdeutlichen, engagiert sich die Lajna Imaillah Deutschland, Frauenorganisation der AMJ im Bereich der Aufklärungsarbeit und des interreligiösen Dialogs. Mit Verbotsforderungen sollte in der Politik jedoch bewusster umgegangen werden, denn solche hitzigen Diskussionen führen zu Angst und Unsicherheit in dieser Gesellschaft und man befeuert damit den antimuslimischen Rassismus in unserem Land. Statt eine Verbotskultur in den Lehrinstituten einzuführen, sollte das Augenmerk auf ein friedliches, multikulturelles Gemeinschaftsleben gelegt werden.


Jeder Bürger in Deutschland hat das Recht, seine Religion frei auszuleben, solange er oder sie, für die Mitbürger keine Gefahr aufweist. Man wird zudem ernstlich kaum behaupten können, dass das Kopftuch den Unterricht stört, oder eine Gefahr oder Einschränkung für die Mitschüler und Lehrer darstellt. Ich erachte diese einseitige Diskussion als stigmatisierend, symbolgeladen und bar jeglicher Grundlage. Die Schule ist die wichtigste Bildungsstätte, um Integration einzuüben, Werte wie Akzeptanz, Toleranz und gegenseitige Anerkennung zu vermitteln.
In einer freiheitlichen Gesellschaft, sollte das doch schließlich kein Problem sein.


Quellen:

Eine Audienz vom Chefredakteur, von Revue ofReligions mit seiner Heiligkeit Hazrat Mirza MasroorAhmadaba, im Februar 2018 nachzulesen in der Ausgabe 2/2018

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-11/muslimische-maedchen-cdu-kopftuch-verbot-grundschule-kita-antrag