Leserbrief von Nida Ahmad

Sehr geehrte Leser der Stuttgarter Zeitung,
im Folgenden möchte ich auf den am 06. August 2018 veröffentlichten Beitrag
„Wissenschaftler: Das Kopftuch ist kein religiöses Symbol“ eingehen.
Ich, als kopftuchtragende Muslima, bin zutiefst erschüttert über den veröffentlichten
Beitrag und fühle mich angegriffen. Ich finde es sehr traurig, dass Einzelfälle, in denen das
Kopftuch aufgezwungen wird, direkt verallgemeinert und zu einem Angriff für alle
kopftuchtragenden Frauen werden. Es ist keine Integration, die gefordert wird und von der
die Rede ist, sondern viel eher eine Assimilation an die westliche Gesellschaft. Wo bleibt
die Religionsfreiheit, wenn sie von praktizierenden Gläubigen geraubt zu werden versucht
wird?
In dem Artikel wird davon gesprochen, dass das Kopftuch laut Herrn Abdel-Hakim Ourghi
keinen Zusammenhang zur Religion, also zum Islam, darstellt. Diese Aussage jedoch stimmt
keinesfalls, da das Kopftuch ein Gebot im Heiligen Koran und demzufolge ein Gebot des
Islam ist. In Sure 33 Vers 60 heißt es, dass das Kopftuchgebot zum Schutz der Frauen dient,
damit diese erkannt und nicht belästigt werden. Der Koran bezweckt mit der Vorschrift
jedoch nicht die Abgeschlossenheit der Frau, sondern Zweck dieser Vorschrift ist, Männer
und Frauen davon abzuhalten, ihre Blicke auf fremde Personen frei herumschweifen zu
lassen und ihre Reize zur Schau zu stellen.
Herr Abdel-Hakim Ourghi spricht davon, dass muslimische Frauen, die das Kopftuch tragen
unter einer männlichen Herrschaft und Unterdrückung sind, jedoch möchte er wiederum
als Mann uns Frauen vorschreiben, das Kopftuch abzulegen bzw. wie wir unsere Religion zu
leben haben?!
Es ist wirklich zutiefst bedauerlich, dass es sehr selten der Fall ist, dass eine Muslima den
Raum und Platz bekommt, um ihre Beweggründe für das Tragen des Kopftuchs zu erklären
und ihre Meinung zu diesem Thema zu äußern, jedoch Personen, die gegen das Kopftuch
sprechen, vollste Unterstützung von allen Seiten bekommen, obwohl den wirklichen Sinn
und Zweck des Tragens eines Kopftuchs nicht kennen. Sie sehen das Tuch, das die Muslima
trägt, doch sehen sie nicht die innere Überzeugung dazu, das Kopftuch zu tragen und dass
es weit mehr als nur ein Tuch für eine Muslima ist. Es ist sehr traurig zu sehen, dass
Beiträge dieser Art auch unterstützt werden, wobei der Verfasser, wie in diesem Fall,
selbst männlich ist und so doch gar nicht wissen kann, unter welchen Umständen sich eine
Frau wohl oder unwohl fühlt.
Es ist die Herrschaft des männlichen Blickes, die ihn dazu verleitet, Frauen sich ihren
Körper zeigend präsentieren zu sollen, anstatt diesen zu verhüllen. Ein Mann, der dies
möchte, tut das in erster Linie, um seinen eigenen Blick zu befriedigen. Sämtliche
Industrien sind darauf ausgerichtet, den männlichen Bedarf zu stillen und dafür Frauen
zu gebrauchen. Wie oben schon erwähnt ist Zweck der Vorschrift, Männer und Frauen
davon abzuhalten, ihre Blicke frei herumschweifen zu lassen und ihre Reize zur Schau zu
stellen. Dabei zielt die gesamte Modebranche genau darauf, dass die Reize der Frau zur
Schau gestellt werden, indem die Kleidung allein so entwickelt ist, dass Frauen mehr
Körper zeigen als Männer. Sogar Mode für kleine Mädchen ist schon sehr aufreizend,
während es für Jungs eher bedeckende Kleidung gibt. Wenn das keine Indoktrination ist,
was dann?
Das Kopftuch ist also sehr wohl ein religiöses Symbol, das weitaus mehr, als nur ein Stück
Stoff ist. Es ist ein Teil der Identität einer Muslima. Ihr das zu untersagen bedeutet, sie
ihrer Identität zu berauben!