Aufruf zum Frieden in Zeiten der Unsicherheit

Im Jahr 2022 sind 238.000 Menschen weltweit Kriegen und Konflikten zum Opfer gefallen. Das ist die höchste Anzahl an Kriegstoten seit etwa 30 Jahren¹. Wie kommt es, dass noch immer so viele Menschen durch gewalttätige Auseinandersetzungen ihr Leben verlieren?  

Das Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Gemeinde Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (Möge Allah sein Helfer sein) hielt am 28. Oktober 2016 einen Vortrag an der York University in Toronto als Teil der Veranstaltung „Gerechtigkeit in einer ungerechten Welt“. In diesem thematisierte er die Unruhen der modernen Zeit, welche meist gerade in muslimischen Ländern zu finden sind oder durch selbsternannte Muslime verbreitet werden. Dazu stellte der fünfte Khalif der Ahmadiyya Muslim Gemeinde selbst die Frage auf, ob das bedeutet, dass die Handlungen dieser Menschen im Widerspruch zu den Lehren des Islams stehen, oder ob der Islam tatsächlich eine Religion ist, die das Verbreiten von Gewalt billigt². Um das zu prüfen, muss der Heilige Koran, die Schrift des Islam, herangezogen werden. 

Im Heiligen Koran werden Muslime an zahlreichen Stellen aufgefordert, in der Welt Frieden untereinander und mit anderen herzustellen und zu wahren: 

„(…) Stiftet drum Frieden zwischen euren Brüdern und nehmt Allah zu eurem Beschützer, auf dass  euch Barmherzigkeit erwiesen werde.“
(Sura 49, Vers 11) 

In einem weiteren Koranvers heißt es:

„(…) Seid in Allahs Sache standhaft, gerecht bezeugend. Und lasst euch nicht von der  Feindseligkeit eines Volkes dazu verleiten, anders als gerecht zu handeln. Bleibt gerecht, das ist  näher der Rechtschaffenheit. (…)
(Sura 5, Vers 9) 

Das Verbreiten des Glaubens mit dem Schwert, wie Dschihad* oft fälschlicherweise verstanden wird,  findet sich im Heiligen Koran nicht wieder. Im Gegenteil steht an mehreren Stellen im Koran, dass es keinen  Zwang im Glauben gibt:  

„(…) Euch euer Glaube, mir mein Glaube
(Sura 109, Vers 6) 

„(…) Lass den gläubig sein, der will, und den ungläubig sein, der will.“
(Sura 18, Vers 30)

Der Verheißene Messias (as*) und Gründer der Ahmadiyya Muslim Gemeinde, Hadhrat Mirza  Ghulam Ahmad Qadiani, sagte diesbezüglich: 

„(…) wenn man das Schwert benutzt, ist es, als würde man den Islam selbst angreifen. Jetzt ist doch die Zeit, die Herzen zu erobern, und das kann nicht durch Zwang erreicht werden (…)“ ³ 

Wenn es also nicht die Lehre des Islams ist, so sind es die sogenannten Islamisten, als auch die Führer der muslimischen Welt, die Unordnung und Terror verbreiten. Diese Menschen folgen nicht dem, was der Heilige Koran und der Heilige Prophet Muhammed (saw*) lehrten². Sie zitieren Verse aus dem Koran beliebig und ohne Kontext und wollen so ihre Grausamkeiten rechtfertigen. Und indem sie sich fälschlicherweise auf den Islam berufen, wird die Religion im Westen meist im negativen  Licht betrachtet⁴.  

Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (Möge Allah sein Helfer sein) nannte in seinem Vortrag einen  weiteren Grund dafür, warum es in der Welt so viele Auseinandersetzungen und daraus  resultierendes Leid gibt: 

„Anstelle davon, dass man weiterhin den Weg der Gerechtigkeit und Integrität beschreitet, haben  wir immer wieder gesehen, dass die Großmächte der Welt nur darauf bedacht sind, ihre eigenen  Interessen zu erfüllen (…)“ ² 

Die Geschichte hat es immer wieder gezeigt. Der Grund, warum Terrorgruppen zu ihrem Erfolg  aufsteigen konnten, liegt daran, dass sie finanzielle und militärische Unterstützung von anderen Staaten erhielten. Die Vorgehensweisen der USA in Afghanistan sind dafür das Paradebeispiel: Als  die Sowjetunion Ende der Siebzigerjahre in das Land einmarschierte, unterstützte die amerikanische  Regierung die Gegner des pro-sowjetischen Regimes in Kabul, die Taliban⁵. Das Volk Afghanistans spürt bis heute die fatalen Folgen dieser Strategie, die nur in Eigeninteresse durchgeführt wurde. Im  Gegensatz dazu werden ungerechte Regierungen nicht zur Rechenschaft gezogen, wie Seine Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (Möge Allah sein Helfer sein) in seinem Ansprache sagte:  

„In einigen Ländern gibt es Diktaturen oder ungerechte Regierungen. Dennoch drücken die  Großmächte bei deren Grausamkeiten ein Auge zu, weil diese Regierungen sie unterstützen und die Beschaffung ihrer Interessen erleichtern(…)“ ²

Wie also finden wir den Weg aus diesen Ungerechtigkeiten? Der Khalif der Ahmadiyya Gemeinde betont in seiner Rede zum einen, dass es die Pflicht jedes Bürgers ist, diejenigen Vertreter ihres  Landes zu wählen, die ihren Aufgaben mit Gerechtigkeit und Ehrlichkeit nachgehen. Diesen Regierungen, und auch Organisationen wie den Vereinten Nationen, obliegt es dann, nicht bloß ihren eigenen Interessen entsprechend, sondern für das allgemeine Wohl der Welt zu agieren.  

Ein vollkommener Frieden ist ein Ideal, dessen Erfüllung nicht zu erwarten ist. Doch es ist unsere  Bemühung, die uns in dieser Welt in eine bessere Richtung bringen kann. Der Heilige Prophet (saw*) sagte, dass man für andere das wünschen sollte, was man auch für sich wünscht². Wenn die Mehrheit diesem Prinzip folgen würde, wäre diese Welt sicherlich eine gerechtere.  

Die Lehren des Korans und des Heiligen Propheten (saw*) sind nicht bloß Theorie. Die Ahmadiyya Muslim Gemeinde zeigt regelmäßig durch ihren interreligiösen Dialog, ihre  Unterorganisationen wie der Hilfsorganisation Humanity First, und nicht zuletzt durch das Vorbild unseres Khalifen Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (Möge Allah sein Helfer sein), wie der wahre Islam in seiner  Umsetzung aussieht. Der Heilige Prophet (saw*) sagte: Ein wahrer Muslim ist einer, vor dessen  Händen und Zunge andere sicher sind”⁸. Mögen wir alle stets unser Bestes geben, um diesem Bild zu entsprechen. Ameen.  

*Dschihad = Anstrengung oder Bemühung; gemeint ist damit die tägliche Anstrengung, Gutes zu tun und die Nähe zu Gott aufzubauen (Fanatische Krieger, S. 28)

*as = „Alayhi salam”, d.h. „Friede sei auf Ihm“ 

*saw = „Sallallahu alayhi wa sallam“, d.h. „Friede und Segnungen Allahs seien auf Ihm“ 

Quellen:  
¹ Tagesschau. (2023, 28. Juni). Kriege und Konflikte: So viele Tote wie seit 30 Jahren nicht mehr. In:  https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/studie-krieg-tote-100.html. Aufgerufen am 16.09.2023. 

² Die Revue der Religionen, Ausgabe vom April 2017, S. 12-26 

³ Garten der Rechtschaffenen, Verlag des Islam, 2017, S. 233, Hadith Nr.175

⁴ Hadaytullah Hübsch. (2001). Fanatische Krieger im Namen Allahs, Die Wurzeln des islamistischen Terrors. S. 56; S.47.  

⁵ Michael Lüders (2015). Wer den Wind sät, Was westliche Politik im Orient anrichtet. S. 25. 

⁶ Qaddoura, R. M. I., Othman, Z. B., & Majid, M. B. A. (2019). U.S. Interests and the Israel-Palestine  Conflict: A Review. Insight Turkey, 21(4), 217–225. https://www.jstor.org/stable/26842785 

⁷ ZDF, (2022, 27. Dezember). Rüstungsexporte 2022 bei 8,35 Milliarden Euro. In  

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland-ruestung-exporte-100.html. Aufgerufen am 17.09.2023. ⁸ Muhammad Zafrullah Khan (1967). Islam und Menschenrechte. S. 61. Über Bukhari I, Sect.: Faith, Ch:  Muslim.