„Reden Sie mit Betroffenen“

Am 07. Mai 2021 wurde vom Bundestag das Gesetz zum Erscheinungsbild von Beamtinnen und Beamten beschlossen. Voran ging ein Urteil des BGH, wobei ein Polizist, der verfassungswidrige Tattoos trug, darauffolgend wegen mangelnder Treue zur Verfassung aus dem Dienst entlassen wurde. Um Verfassungstreue zu erhalten, bedurfte es eines Gesetzes, welches das Vorkommen derartiger Fälle in Zukunft vermeiden sollte. Dies hört sich erst einmal harmlos an, jedoch wurden im Zuge der „Neutralisierung“ des Erscheinungsbildes neben den ideologischen Symbolen auch religiöse Symbole mit in das Gesetz aufgenommen wie das Kreuz, die Kippa und das Kopftuch. Nun also doch, das Kopftuchverbot durch die Hintertür, wie so oft betitelt.

Dazu hat die Stimme der Muslima Mishal C., eine angehende Gymnasiallehrerin mit den Fächern Deutsch, Ethik und Philosophie, zu Wort kommen lassen:

SdM: Mishal, wie fühlst du dich als Muslima, die ein Kopftuch trägt, nach einer solchen Entscheidung in einem Land, welche deine Heimat ist? Und fühlst du dich nach derartigen Entscheidungen in Deutschland noch zu Hause?

Mishal: Deutschland ist meine Heimat. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Es macht mich deswegen umso trauriger, dass diese Entscheidung getroffen wurde, da diese Entscheidung implizieren könnte, dass Muslimas, die ein Kopftuch tragen, nicht zur Gesellschaft gehören würden. Es wurde über uns entschieden und wir wurden nicht miteinbezogen oder gefragt. Sollte das gerade in Deutschland in der heutigen Zeit nicht anders sein?

SdM: Was ist deine Botschaft an diejenigen, welche für dieses Gesetz gestimmt haben?

Mishal: Reden Sie mit den Betroffenen. Reden Sie mit mir! Ich bin nicht weniger „neutral“ als Lehrerin mit meinem Kopftuch und das würden Sie merken, wenn Sie mit mir und den anderen Beamtinnen sprechen würden, die Sie mit Ihrer Entscheidung einschränken. Sprechen Sie mit meinen Kolleg*innen, Schüler*innen und deren Eltern. Sie werden Ihnen dasselbe versichern. Das Kopftuch repräsentiert neben anderen religiösen Symbolen die pluralistische Gesellschaft. Wieso sollte dann eine Lehrerin oder eine Juristin, die studiert hat, die ihr Referendariat absolviert hat und sich somit für diese Stelle qualifiziert hat, nicht mehr als Beamtin fungieren dürfen, wenn doch das Leitbild der schulischen Bildungspläne Toleranz und Pluralismus inkludiert?

Wir danken Mishal für ihre persönlichen Eindrücke und wünschen ihr viel Erfolg für den weiteren Karriereweg!